Wohnraum für alle – Tilman Harlander im hdak

Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware in den größeren Städten, und öffentlich geförderte Mietwohnungen, die über mehrere Jahrzehnte in der Bindung bleiben, gibt es seit den 1980er Jahren immer weniger. Galt damals noch, dass die Wohnungsmiete nicht mehr als 20 Prozent des Einkommens ausmachen sollte, werden in den Ballungsräumen und besonders bei kleineren Wohnungsgrößen inzwischen häufig Werte von 35, manchmal sogar 50 Prozent erreicht. Das Problem steht nicht erst seit der Flüchtlingskrise allen, die an der Entwicklung der Städte beteiligt sind, klar vor Augen. Aber das wohnungs- und stadtentwicklungspolitische Umsteuern fällt in vielen Kommunen noch schwer. Warum? Es geht um Wohnraum für alle!

Wohnraum für alle Ideenwerkstatt

Wohnraum für alle – Ideenwerkstatt

Tilman Harlander, Professor für Wohn- und Architektursoziologie, hat am 15. November auf Einladung des Hauses der Architektur Köln zu diesem Themenkomplex gesprochen. Seine Empfehlungen: Eine quotierte Förderung – wie sie inzwischen auch das Kölner Baulandmodell vorsieht – mit langen Bindungsfristen, mehr Engagement der kommunalen Wohnungsgesellschaften für die Durchmischung der Quartiere und ihre Unterstützung durch kommunale und Landesinitiativen, außerdem mehr Engagement der alteingesessenen Genossenschaften für Neubauprojekte.

Nicht zuletzt begrüßte Harlander die Neugründung von Selbstnutzer-Genossenschaften und Wohngruppen – für Mehrgenerationenwohnen, die Verschränkung von Leben und Arbeiten, für soziale, kulturelle und wirtschaftliche Mischung und für die Belebung von Wohnquartieren. Vor allem für Projekte in den großen Städten sei es wichtig, den Platzverbrauch üblicher Single- und Paar-Haushalte zu begrenzen und durch gemeinschaftlich genutzte Räume zu ergänzen. Das genossenschaftliche Großprojekt Kalkbreite in Zürich ist dafür ein vorbildliches Beispiel.

Gern möchten die Residenten in Köln in genau diesen Punkten dazu beitragen, städtische Vielfalt zu stärken. So schlagkräftig, groß und vielgestaltig wie die Kalkbreite werden wir wohl nicht werden können. Aber wer sagt, dass wir alles allein machen wollen? Vielleicht treffen wir in Köln auf weitere Menschen, die sich genau solch ein Projekt vorstellen – als Bauherr oder als Café-Betreiber, als Träger einer Pflege-WG, Mitgestalter einer Co-Working-Etage oder Anbieter einer Werkstatt. Was allerdings feststeht ist: Wir wollen einen Ort schaffen, der altersgemischten Wohnparteien eigene Fläche zum Leben bietet und gleichzeitig mit großzügigen Gemeinschaftsflächen ein lebendiges Viertelszentrum bildet. Geförderter Wohnraum, Familien und Kinder, barrierefreies und lebenslanges Wohnen gehören für die Residenten dazu.

Zum Nachlesen: Tilman Harlander in einem Deutschlandfunk-Interview (Januar 2016)
Broschüre der Initiative „Wohnraum für alle“ (PDF) mit Beispielen für bezahlbares und auf Gemeinschaft ausgerichtetes Bauen
Die Kalkbreite Zürich in der Bauwelt